Als Baby-Boomer in einer kleinen Großstadt in der Mitte unseres Landes geboren, wurde ich früh mit Grenzthemen konfrontiert: 30 Minuten Autofahrt und der Einschnitt in unserem Land mit schießbereitem Wachpersonal und einem unmenschlichen Zaun wurden sichtbar.
Merkwürdigerweise war mir später gerade dieses Thema wichtig, aber in friedvoller Weise: Die Grenzen jedes anderen zu wahren und damit auch seine Würde zu bewahren.
Meine Kindheit war weder glücklich noch unglücklich. Ich vermute, eine durchgehend glückliche Kindheit kann es nicht geben. Denn als Menschen haben wir eine unglaublich große Vielzahl von Dingen zu lernen, bis wir wirklich Menschen sind. Und Lernaufgaben können sehr leicht fallen, aber manche fallen nie leicht. Insofern sparte ich mir immer die gütige Wahrheitsverdrehung einer glücklichen Kindheit. War die Zeit deshalb unglücklich? Gewiss nicht. Sie war so wie fast alle Zeiten im Leben eines Menschen sind: Mal so und mal so. Den Wechsel macht ein Leben aus. Erst an den Unterschieden zwischen gut und weniger gut können wir das wahrlich Gute erkennen und erleben.
Nun, ich machte mein Abitur mit 1,0. Meine Eltern waren stolz darauf, und ich wusste nicht mehr weiter. So ist das manchmal mit erreichten Zielen: Danach tut sich eine Leere auf. Ziemlich sicher war dies eine erste Zeit im Leben, die meine späteren beruflichen Entscheidungen beeinflussen sollte, indem ich Menschen half, die selbst nicht mehr weiter wussten. Eine eher abgeklärte, distanzierte Sicht auf sich selbst kann dabei helfen, anderen Wege zu weisen.
Ich studierte erst Biologie, dann Humanmedizin. Insgesamt hatte ich die Gelegenheiten, in Hannover, Tübingen, Erlangen und an der LMU München Wissen und Erfahrungen zu schöpfen.
Der Kontakt mit einem charismatischen Klinikchef war maßgeblich daran beteiligt, mich für das Fach Dermatologie zu begeistern und alles daran zu setzen, bei ihm die Facharztausbildung zu machen. Eine weitere Lebenserfahrung kam hinzu: Was man wirklich will, das wird man meistens auch erreichen. Der Wille ist vermutlich die wichtigste Instanz für das eigene Vorankommen. So blieb ich über ein halbes Jahrzehnt an der Universitätsklinik der LMU München, nach bestandener Facharztprüfung waren noch einige Zusatztitel fällig wie Allergologie, Lasermedizin und andere mehr.
Bereits während meines Medizinstudiums begann meine Begeisterung fürs Schreiben. Ich wechselte quasi die Seiten, weil ich schon längst als Bücherwurm bekannt war, der kaum genug zu lesen bekommen konnte. Das Schreiben erfüllte mich (und tut es bis heute – ein wichtiges Kriterium, ob man das tun sollte, was man tut), was in dutzenden wissenschaftlichen Publikationen mündete. Ich wurde auch einer der Co-Autoren des wohl größten dermatologischen Lehrbuchs überhaupt. Etwas anderes begeisterte mich ebenso: Der Unterricht von Studenten, und auch der von Krankenschwestern im Rahmen ihrer Ausbildung.
Einige Angebote, an andere Unikliniken zu wechseln, schlug ich aus und gründete meine eigene Praxis im Landkreis München. Eher der Zufall wollte es, dass ich einen ersten Klienten beriet. Die tiefgehende Arbeit und die eher auf längere Zeit ausgerichtete Begleitung eines Menschen gefielen mir. Zugleich schlichen sich – rückblickend bereits während des Studiums – andere Interessensgebiete in meine Seele, Inhalte aus dem Bereich der seelischen und mentalen Gesundheit. Ziel-, aber nicht planlos, machte ich mehrere mehrjährige und einige kürzere Ausbildungen in diesem Bereich, um dann mit 42 meine Praxis abzugeben und mich ganz den Themen zu widmen, die sich in mir mehr und mehr Raum verschafft hatten.
Das Schreiben ließ mich nicht los. Mit „Lebensmuster erkennen und nutzen“ erschien bald mein erstes, komplett eigenes Sachbuch. Und seitdem folgten viele weitere. Als das Dutzend voll war, hörte ich zu zählen auf. Das im Moment neueste ist „Gute Entscheidungen treffen“. Auch einige Fachbücher, die auf meinen Ursprung als Arzt deuten, entstanden. Und nicht zuletzt einige Ratgeber.
Die direkte, persönliche Beratung von Menschen habe ich vor kurzem beendet – gesamt 35 Jahre Tätigkeiten als Arzt und als Coach sollen genügen. Mein Wissen und meine Ansichten werde ich in Zukunft über sogenannte Soziale Medien weitergeben, und über die Bücher, die ich noch schreiben werde (und von denen ich selbst noch nicht einmal weiß, dass ich sie schreiben werde). Zudem freue mich mich darauf, weiter als Vortragender und Seminarleiter engagiert zu werden.
Und nun ganz herzlichen Dank, dass Sie sich die Zeit genommen haben, dieses lange Kapitel zu lesen. Damit haben Sie Durchhaltevermögen bewiesen!
Ihr Thomas Bergner
Heute